Fotos: Harald Illmer
Die Red Stag Rallye Extreme begann sehr ruhig - die erste Sonderprüfung Tiefental - Kalte Kuchl bot einige organisatorische Schwierigkeiten mit der Positionierung der Feuerwehr. Am Ende wurde darauf verzichtet, die SP 1 zu starten und der tatsächliche Bewerb begann direkt mit der streckengleichen SP2. Möglicherweise erwirkte der lange Lockdown ein gewisses Einrosten von Mechanismen im großen Rallye-Rad.
Danach ging es jedoch sofort zur Sache: Das erwartete Duell Hermann Neubauer gegen Simon Wagner begann. Anfangs mit 2,1 Sekunden Vorsprung zugunsten des amtierenden Staatsmeisters Neubauer. Dahinter gab es mit P3 für Philipp Kreisel eine echte Überraschung - so stark hätten den Neo-Benzinbruder wohl nur Wenige bei seiner erst zweiten ORM-Veranstaltung und ersten Schotterrallye gesehen. Spektakulär verlief ein Abflug von Markus Stockinger im Mazda GTR. Nach einer vierfachen Rolle blieb vom Fahrzeug praktisch kein Teil heil, zumindest aber die Crew überstand den Crash glimpflich. In der Klasse der zweiradgetriebenen Fahrzeuge gab von Beginn weg Martin Rossgatterer im brandneuen Ford Fiesta den Ton an, ihm konnte im gesamten Verlauf der Rallye kein Konkurrent folgen. Überraschend das Duell der Subaru-Crews: Der Deutsche Jeffrey Wiesner, mit über 100 Rallyestarts besonders auf losem Untergrund einer der erfahrendsten Piloten im Feld blieb Anfangs hinter dem Österreicher Michael Lengauer zurück.
In der folgenden Sonderprüfung 3 - “Kalte Kuchl - Tiefental” schlug der Herausforderer Simon Wagner zu: Er distanzierte Hermann Neubauer um 1,2 Sekunden, der Abstand im Gesamtklassement zwischen den beiden betrug damit unter einer Sekunde. Philipp Kreisel konnte die starke Beginn-Zeit bestätigen und Platz 3 festigen, dahinter matchten sich Kris Rosenberger, Gerwald Rigler und Gerwald Grössing um “die Blecherne”. Eine Enttäuschung brachte der Vormittag für Johannes Keferböck: Sein “Ersatzwagen” lag ihm so gar nicht, die Zeiten waren nicht konkurrenzfähig.
Sonderprüfung 4 war eine Wiederholung der SP3, allerdings mit umgekehrten Ausgang: Diesmal distanzierte Neubauer Wagner um einen Bruchteil einer Sekunde und schnappte sich die Bestzeit, womit der die Führung in der Rallye ebenfalls weiter denkbar knapp behielt. In der 2WD brillierte weiter Martin Rossgatterer unangefochten, Jeffrey Wiesner hatte hingegen seinen Rhythmus gefunden und sich an die Spitze aller Subaru-Teams gesetzt.
Am Nachmittag stand bei der Red Stag Rallye Extreme allerdings der Rhythmusbruch an: Statt dem relativ einfachen Geläuf auf öffentlichen Straßen wechselte die Oberfläche in unglaublich rauen Schotter im Gebirge, es ging ans Herz der Rallye. Dieses konnte Simon Wagner erobern, er setzte die erste Bestzeit in der SP 5 - “Haraseben kurz”. 0,8 Sekunden dahinter der Staatsmeister, es fiel keine Vorentscheidung. Anders hingegen Philipp Kreisel, der zweimal einen Fehlstart fabrizierte und insgesamt 1:10 Minuten Strafzeit aufgebrummt bekam. Damit war der Weg für Kris Rosenberger und Gerwald Grössing im Kampf auf das letzte Stockerl frei - über eine Minute hinter Neubauer und Wagner. Gerald Rigler hatte als Fünfter das Nachsehen. Johannes Keferböck hatte inzwischen mit einer Setup-Umstellung wieder in eine gute Form gefunden und begann sich langsam vorzuarbeiten.
Bevor SP 5 aber abgeschlossen werden konnte, entdeckten aufmerksame Streckenposten die Entstehung eines Flächenbrandes, der offensichtlich durch ein glühendes Teil eines Rallyeautos ausgelöst wurde. Bei ebenso glühender Außentemperatur fing ein Holzstoß Feuer. Die einfahrende Feuerwehr konnte rasch “Brand-Aus” geben, was den beiden letzten Startnummern Peter Schöller und Raphael Dirnberger zwar SP 5 kostete (sie konnten wegen des Löschvorgangs nicht mehr einfahren), der Rallye aber (mit einiger Verspätung) den Start der SP 6 auf gleicher Strecke ermöglichte.
Nach diesem ersten Zwischenfall packte Hermann Neubauer eine Fabelzeit in der Folgeprüfung aus, er war 15 Sekunden schneller als im ersten Durchgang! Simon Wagner hielt ebenfalls mit einer Zeitverbesserung gegen, war aber insgesamt drei Sekunden langsamer als sein Gegner.
Vor Sonderprüfung 7, der ersten Königs-Prüfung “Rundkurs Haraseben” mit über 24 km in abgelegenstem Gelände folgte ein weiterer Zwischenfall: Ein Rettungseinsatz bei einem Wanderer löste noch ein größeres Delay aus, die Positionierung der Streckenposten konnte aufgrund der blockierten Strecke nicht entsprechend schnell durchgeführt werden. Angesichts der bereits beträchtlichen Startverzögerung wurde entschieden, SP 7 abzusagen und stattdessen gleich wieder im Zeitplan die Abschluss-Sonderprüfung 8 - wieder der Rundkurs Haraseben - unter die Räder zu nehmen.
Hier begann das Drama der Rallye:
Durch die diversen Verzögerungen (Waldbrand, Rettungseinsatz) war die Streckenposten-Truppe sehr unwillig den weiteren Ablauf der Rallye ordentlich zu begleiten. Obwohl der Rallyeleiter-Stellvertreter einen durchdachten Plan ausgearbeitet hatte, die Rallye weiterhin sportlich ordentlich durchzuführen (das Feld der ersten Acht auf jeweils vier Starter zusammenzuziehen, die im Zwei-Minuten-Abstand die Prüfung bestreiten sollten, um eine korrekte und reguläre Sicht zu haben) entschied der SP-Leiter eigenmächtig das Feld völlig unkontrolliert zu starten.
Hermann Neubauer ging in die Prüfung, Simon Wagner wurde als zweites Auto gestartet. Als drittes Fahrzeug hätte Gerald Rigler die Sonderprüfung in Angriff nehmen sollen. Aufgrund eines Kommunikationsversagens zwischen dem SP-Leiter und einem seiner Mitarbeiter wurde Gerald Rigler jedoch nicht wie geplant im Zwei-Minuten-Abstand in die Prüfung eingelassen, sondern weitere sechs Minuten am Start angehalten. Als Hermann Neubauer bereits im Anflug war ließ man Gerald Rigler keine 30 Sekunden vor ihm in die Prüfung einfahren und somit begann das Drama.
Die Verhältnisse waren in der Sekunde völlig irregulär, es wurde in weiterer Folge panisch auch noch Hausherr Gerwald Grössing auf die Reise geschickt. Die Sichtverhältnisse waren dadurch gleich Null, was das Befahren der Prüfung mit teilweise 170 km/h zu einem lebensgefährlichen Akt verkommen ließ. Dies führte letztlich zum Abbruch der SP7 und gleichzeitig auch zum Abbruch der Rallye, weil der Sonderprüfungsleiter schon im Vorfeld des SP-Starts seinen Unmut darüber geäußert hatte, dass es ihm und seiner Truppe nicht zumutbar wäre, einen derartig langen “Arbeitstag” zu absolvieren. Man hätte nämlich langsam Hunger.…
Gerwald Grössing, Organisator dieses Schotterspektakels, war nach dem Abbruch völlig fassungslos und gab zu Protokoll:
“Diese Truppe hat mit einem Schlag die Arbeit von sechs Monaten zunichte gemacht und den Start zur Österreichischen Rallye Staatsmeisterschaft zu einer Lachnummer degradiert. Mein Herz brennt für den Motorsport und jeder der mich kennt weiß, dass ich nicht den Kopf in den Sand stecke und daher auch über eine Weiterführung dieser Rallye ernsthaft nachdenke. Jedoch bin ich es gewohnt mit Profis zu arbeiten und wir müssen bei einer kritischen Nachbetrachtung Voraussetzungen schaffen, die einer Staatsmeisterschaft würdig sind. Es tut mir für die teilnehmenden Teams außerordentlich leid, wie unwürdig dieser tolle Tag zu Ende ging und so möchte ich mich bei allen Teilnehmern für den Wahnsinn den wir heute erleben mussten einfach nur entschuldigen.”
Das Endresultat:
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Hermann Neubauer / Bernhard Ettel 49:47,5
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Simon Wagner / Gerald Winter + 0,0
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Gerwald Grössing / Fred Winklhofer + 2:15,0
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Kris Rosenberger / Sigi Schwarz + 2:16,6
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Philipp Kreisel / Daniel Foissner + 3:04,1
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Gerald Rigler / Pirmin Winklhofer + 3:07,2
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Johannes Keferböck / Ilka Minor + 3:23,6
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Peter Eibisberger / Claudia Dorfbauer + 3:24,5
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Jeffrey Wiesner / Marcel Eichenauer + 3:49,1
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Christoph Zellhofer / Christina Ettel + 4:00,1
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Martin Rossgatterer / Philipp Hahn + 4:19,2
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Hermann Gassner / Lena Öttl + 4:37,8
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Bernhard Stitz / Harald Bachmayer + 4:54,2
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Enrico Windisch / Kurt Huber + 5:12,1
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Robert Zitta / Peter Stemp + 5:12,6
Pressebetreuung RedStag Rallye Extreme 2021
Stefan Manker
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